Noch vor einer Generation – also vor ungefähr 30 Jahren – behaupteten die meisten Fachleute, sexuelle Bedürfnisse dürften sich bei Menschen mit geistiger Behinderung nie entfalten; sexuelle Regungen oder Ansätze zur sexuellen Befriedigung müssten sofort im Keim erstickt werden, weil man befürchtete, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung wegen Ihrer kognitiven Einschränkung ihre Sexualität nicht beherrschen können, denn wenn die Lust erst einmal entfacht wäre, seien sie in der Gefahr, zu Triebtätern zu werden.
Heute denkt kaum noch jemand so und das Thema Sex mit Behinderung drängt immer mehr in den Vordergrund, weil sich die Betroffenen Gehör verschaffen. Statt dessen wird oft behauptet, Menschen mit geistiger Behinderung blieben vom Verstand her eigentlich immer Kinder und das gelte gerade auch für ihre sexuellen Bedürfnisse: Sie wünschten sich zwar körperliche Nähe und Zärtlichkeit aber keine Sexualität geschweige denn Sex.
Wir Menschen können unser natürliches Wesen jedoch nur dann am besten entfalten, wenn unsere sexuellen Fähigkeiten von Geburt an unterstützt und gefördert werden. Dafür ist eine besondere Begleitung erforderlich, denn unsere Sexualität ist zwar angeboren aber sie entwickelt sich nicht von alleine weiter. Dazu gehört sowohl eine äußerst geduldige und lebensnahe Sexualaufklärung als auch Kontakte, die positive Erfahrungen mit Zärtlichkeit und Erotik nicht nur ermöglichen, sondern auch in Verbindung bringen.
Vielleicht sollten wir zunächst einmal uns gegenseitig helfen, indem wir offen und ehrlich über unsere sexuellen Bedürfnisse reden und achtungsvoll miteinander umgehen lernen. Denn schließlich geht es nur darum, etwas sinnvolles und begreifbares daraus machen.
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